Sanierungszwang für den Klimaschutz – wenn es nach Plänen der EU geht, gelten Mindestenergiestandards bald nicht nur für Neubauten sondern auch für Bestandsgebäude. Diese müssten dann bald umfassend saniert werden, wenn die Standards nicht erfüllt werden. Lesen Sie in diesem Artikel, welche Pläne es aktuell gibt und wer betroffen ist. 

Inhalt 

  1. Wie ist der aktuelle Stand? 
  2. Auf welche Richtlinien müssen sich Hausbesitzer einstellen? 
  3. Wer ist von der Sanierungspflicht betroffen? 
  4. Was bedeutet die Sanierungspflicht für Vermieter?
  5. Welche Förderungen gibt es? 
  6. Wie geht es weiter? 
  7. Fazit 

In einer Abstimmung hat das EU-Parlament für strengere Auflagen hinsichtlich der Energieeffizienz von Gebäuden gestimmt. Für viele Eigentümer heißt das: Ältere Wohnhäuser müssen in den kommenden 10 Jahren auf höhere Energiestandards gebracht werden. Je nach Zustand kann dies umfangreiche und teure Sanierungen bedeuten. Noch sind die Pläne allerdings nicht endgültig beschlossen. Ein Überblick über den aktuellen Stand der Dinge finden Sie in diesem Artikel. 

Die hellohousing Vermieter Webapp – Ihr Start in die digitale Immobilienverwaltung

Mit hellohousing verwalten Sie Ihre Immobilien ganz einfach online. Nebenkostenabrechnungen mit wenigen Klicks erstellen.

Los gehts!

Wie ist der aktuelle Stand? 

Am 14. März 2023 hat das EU-Parlament abgestimmt: Wohngebäude sollen energieeffizienter werden und weniger Treibhausemissionen verursachen. Die Änderungen sollen in einer Neuauflage der EU-Gebäuderichtlinie festgehalten werden. Das steckt dahinter: 

  • Der Hintergrund: Grundlage für diese Abstimmung ist eine Empfehlung der EU-Kommission, die sich auf das Klimapaket „Fit for 55“ beruft – und damit das Ziel, zwischen 1990 und 2030 die Treibhausemissionen in der EU um mindestens 55 % zu senken. 
  • Die rechtliche Seite: Die Neuerungen beziehen sich auf die EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD). Diese gilt seit 2002 und wurde seither mehrfach überarbeitet. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt anschließend über die nationalen Gesetze der Mitgliedsstaaten. 
  • Die Änderungen: Um eine höhere Energieeffizienz zu erreichen, wünscht sich das EU-Parlament eine einheitliche Skala für die Energieeffizienzklassen. Außerdem sollen Häuser, und zwar auch Bestandsgebäude, künftig strengere Standards erfüllen und dafür gegebenfalls saniert werden. 
  • Die Betroffenen: Da Neubauten bereits hohe Energiestandards erfüllen müssen, trifft die Änderung vor allem Besitzer von Altbauten. Vermutlich werden Häuser mit einer niedrigen Energieeffizienz zwischen Mitte E und H (nach aktueller Skala) betroffen sein. 
  • Der aktuelle Stand: Bevor es konkret wird, müssen erst noch die Regierungen der EU-Staaten dem Vorhaben zustimmen. Im Zuge der Verhandlungen ist es möglich, dass die Pläne des Parlaments noch angepasst bzw. abgeschwächt werden. 
  • Die Umsetzung: Wie genau die neue Richtlinie umgesetzt wird, ist Sache der einzelnen Staaten. Ob bzw. in welcher Form eine Missachtung der Sanierungspflicht mit Strafen belegt werden soll, steht derzeit noch nicht fest. 

Auf welche Gebäuderichtlinien müssen sich Eigentümer einstellen? 

Geplant ist zunächst die Einführung einer einheitlichen Skala für Energieeffizienzklassen. Künftig soll die Energieeffizienz von Häusern europaweit in Kategorien von A bis G angegeben werden, nicht mehr wie bisher hierzulande von A+ bis H. 

Darüber hinaus betreffen die Neuerungen in erster Linie den Effizienzstandard von Wohngebäuden. Das bedeutet: 

  • Vorhandene Wohngebäude müssen bis 2030 mindestens den Standard der EU-Energieeffizienzklasse E erreichen. 
  • Bis 2033 sollen alle Wohngebäude die Effizienzklasse D erreichen. 

Diese Pflicht erfordert allerdings nicht zwangsläufig eine vollständige und kostenintensive Zwangssanierung. Auch einzelne Maßnahmen, etwa Austausch der Fenster, Fassadendämmung oder Dachisolierung, können je nach Haus unter Umständen ausreichen. 

Mehr zum Thema Energieeffizienzklasse und Energieausweis, lesen sie in unserem Blogartikel „Energieeffizienzklasse für Häuser – wichtige Informationen für Vermieter“.

Wer ist von der Sanierungspflicht betroffen? 

Laut Schätzungen sollen in Deutschland mehrere Millionen Häuser und Wohnungen von einem möglichen Sanierungszwang betroffen sein. Anders als bei den bisherigen Sanierungspflichten soll die Neuerung auch Eigenheimbesitzer treffen. Zum Vergleich: Von den bislang geltenden Auflagen waren Besitzer ausgenommen, die ein 1- oder 2-Familien-Haus seit Februar 2002 selbst bewohnen. Diese Ausnahme soll ab 2024 nicht mehr gelten. 

Ausnahmen von der Sanierungspflicht sind nur für diese Gebäude vorgesehen: 

  • Wohngebäude mit weniger als 50 qm 
  • Gebäude unter Denkmalschutz 
  • zeitweise bewohnte Gebäude (z. B. Ferienunterkünfte) 
  • weitere bestimmte Gebäude wie z. B. Kirchen und historische Gebäude 

Möglich sind zudem weitere Ausnahmen, die die einzelnen Mitgliedsstaaten selbst definieren können. So sind beispielsweise Ausnahmen denkbar, wenn 

  • bei Sozialwohnungen die Sanierung zu einer Mieterhöhung führen würde, die nicht durch die eingesparten Energiekosten abgedeckt ist, 
  • eine Sanierung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll ist oder 
  • nicht genügend qualifizierte Handwerker zur Verfügung stehen. 

Was bedeutet die Sanierungspflicht für Vermieter?

Vermieter von Gebäuden, die nicht den energetischen Anforderungen entsprechen, könnten also bald verpflichtet sein, energetische Sanierungen durchzuführen. Besitzer der betroffenen Gebäude sind dann damit konfrontiert, die Sanierungskosten zu finanzieren. Trotz Förderung wird dies für einige Besitzer eine erhebliche finanzielle Herausforderung darstellen.

Auf der anderen Seite besteht bereits heute die Möglichkeit die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen auf die Miete umzulegen. Laut §559 des BGB können Vermieter die Miete im Jahr um bis zu 8% der aufgewendeten Sanierungskosten erhöhen. Für den Vermieter könnte sich die Sanierung unterm Strich also sogar lohnen.

Ob sich für die Mieter eine Mehrbelastung ergibt, hängt vom Einzelfall ab. Mieter müssen zwar eine Mieterhöhung hinnehmen, sparen aber gleichzeitig bei den Heizkosten, da der Heizungsverbrauch nach der Sanierung sinkt. Da der Sanierungszwang solche Gebäude betrifft, die bisher kaum saniert wurden, ist davon auszugehen, dass auch schon mit vergleichsweise günstigen Maßnahmen eine nennenswerte Reduzierung des Energieverbrauchs erreicht werden kann.

Der Vermieter könnte durch die Sanierung die Kaltmiete und steigern. Je nach Höhe der Sanierungskosten, kanne es also durchaus sein, dass die Mietrendite des Objekts steigt und sich die Sanierungspflicht mittelfristig finanzielle Vorteile für die Vermieter hat.

Welche Förderungen gibt es? 

Bei einer Sanierung können leicht Kosten von mehreren hundert Euro pro m2 enstehen. Dass es hierfür Förderungen und Zuschüsse geben wird, steht bereits mehr oder weniger fest. Bereits heute existieren zahlreiche Förderprogramme der Förderbank KfW, die energetische Sanierungen durch zinsgünstige Darlehen oder Zuschüsse fördern. Ob weitere Fördermöglichkeiten hinzukommen und wie hoch diese ausfallen, ist jedoch Sache der einzelnen Regierungen. Immerhin möchte die EU selbst Fördergelder bereitstellen: geplant sind 150 Milliarden, die bis 2030 für die Zwangssanierung von Häusern zur Verfügung stehen sollen. 

Wie geht es weiter? 

Konkrete Vorschriften gibt es noch nicht. Zwar gilt die Abstimmung des EU-Parlaments, aber bevor es ernst wird, müssen sich Parlament und Staaten erst noch einigen. Erst wenn dies geschehen ist, können die Auflagen tatsächlich in Kraft treten. 

Fazit 

Auch wenn das EU-Parlament mit seiner Abstimmung bereits für eine Verschärfung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gestimmt hat – noch ist nichts entschieden. Erst wenn die einzelnen Mitgliedsstaaten dem Plan zustimmen, kann eine neue Gebäudeverordnung erstellt werden. Dass es verschärfte Auflagen geben wird, sehen viele Experten als sehr wahrscheinlich an. Wann und für wen diese gelten werden, steht allerdings noch nicht fest. Die finanziellen Herausforderungen für Vermieter, die vom Sanierungszwang betroffen sind, wären erheblich. Da die Sanierungskosten aber auf die Mieter umgelegt werden, könnte sich die Investitionen trotzdem lohnen. Vermieter von Gebäuden mit Energieklassen F, G oder H, sollten heute schon prüfen, ob eine energetische Sanierung lohnt und einem Sanierungszwang zuvorkommen.